07 — Chasa da scola, Duvin

  • Ansicht von Westen (© Ralph Feiner, Malans).

  • Eingangsfront (© Ralph Feiner, Malans).

  • Vorraum mit Erschliessung (© Ralph Feiner, Malans).

  • Ansicht von Nordwesten, Aufnahme 1995 (© Lucia Degonda, Zürich).

Bauaufgabe Schulhaus Adresse Buortga 5, 7112 Duvin Bauherrschaft Gemeinde Duvin Planer Gion A. Caminada Bauzeit 1994/95

Gion A. Caminada (*1957) stand am Beginn seiner Architektenlaufbahn, als er 1992 den Wettbewerb für ein Schulhaus in Duvin gewann. Der Bau mit dem minimalen Raumprogramm einer Kleinschule stammt aus der Zeit vor den grossen Gemeindefusionen, als selbst dem abgelegensten Bergdorf der Anspruch auf ein eigenes zeitgemässes Schulgebäude zugebilligt wurde – heute wird die Chasa da scola nicht mehr in ihrer ursprünglichen Funktion genutzt. Das schlichte Bauwerk, das sich perfekt in die kleinteilige Struktur des historischen Dorfkerns einfügt, steht exemplarisch für Caminadas Ideal einer Architektur, die als Synthese zwischen Tradition und Innovation gleichzeitig ortsbezogen und fortschrittlich ist.

Im Ensemble mit der Kirche, dem Friedhof und der zur Gemeindekanzlei und Post umfunktionierten alten Schule bildete Caminadas Schulhaus am Eingang von Duvin einen zentralen öffentlichen Ort. Durch seine spezifische Setzung definiert es sowohl einen zum Tal hin offenen Hof wie auch einen auf das Innere der Siedlung bezogenen dreiseitig gefassten Platz. Die städtebaulichen Vorzüge des Gebäudes werden verstärkt durch seine architektonische Qualität, die an den ausgewogenen Proportionen und der zurückhaltenden Gestaltung erlebbar wird. Mit dem Strickbau knüpft Caminada an die Konstruktionsweise der regionalen Bauernhäuser an – nicht, um sie zu imitieren, sondern um sie mit Hilfe moderner technischer Mittel gleichsam zu revolutionieren und neuen Bedürfnissen zu erschliessen. Ein von Ingenieur Jürg Conzett entwickeltes zweiachsig tragendes Holz-Beton-Verbundsystem machte es möglich, für den Strickbau ganz neuartige Spannweiten von bis zu 9 m und nur über die Ecken ausgesteifte Wandflächen mit grossen Fensteröffnungen zu realisieren. Doch nichts an diesem so gelassen erscheinenden Gebäude deutet auf einen statischen Parforceritt hin. Das Innere des Holzbaus strahlt die Behaglichkeit einer Stube aus; es erzeugt Vertrautheit zur Steigerung der Lernfähigkeit.

Text Ludmila Seifert, Chur
Literatur Bettina Schlorhaufer (Hrsg.): Cul zuffel e l’aura dado – Gion A. Caminada, Luzern 2018 (2., erw. Aufl.), S. 75–83 und 85–101 (Jürg Conzett: Bemerkungen zu den Tragwerken der Gemeindebauten von Duvin und Vrin); Gute Bauten in Graubünden 2001 (BVR-Informationen 2/01, Sonderheft), hrsg. vom Bündner Heimatschutz und der Bündner Vereinigung für Raumplanung, Chur 2001; Neues Bauen in den Alpen. Architekturpreis 1999, hrsg. von Christoph Mayr Fingerle, Basel, Boston, Berlin 2000, S. 48–52.