12 — Turmhaus, Sevgein

  • Ansicht von Norden (© Ralph Feiner, Malans).

  • Ansicht von Westen auf die abgewinkelte Eingangsfront (© Ralph Feiner, Malans).

  • Von Nordosten her erblickt man das Haus von seiner schmalen Seite als einen solitären Turmbau (© Ralph Feiner, Malans).

  • Ein raumhohes und fassadenbreites Panoramafenster zieht die Landschaft in die Stube hinein (© Ralph Feiner, Malans).

Bauaufgabe Einfamilienhaus Adresse Fir 58b, 7127 Sevgein Bauherrschaft Privat Planer Bearth & Deplazes Bauzeit 1997/98

Ein Haus mit Kammern und Gängen, labyrinthisch wie der Bau einer Mäusepopulation – so stellte sich die Bauherrschaft ihr neues Eigenheim am nordöstlichen Ortsrand von Sevgein vor. Die Abneigung der Auftraggeber gegenüber einem sich horizontal ausbreitenden Raumkontinuum, die idyllische Lage der Bauparzelle auf einer kleinen Waldlichtung mit freier Sicht aufs Vorderrheintal, die sanfte Neigung des Geländes und die optimale Ausnutzung der baugesetzlichen Möglichkeiten dienten den Architekten Valentin Bearth (*1957), Andrea Deplazes (*1960) und Daniel Ladner (*1959) als Parameter für ihren Entwurf. Entstanden ist ein unregelmässig geformter, hoher Bau, der sich über schmalem, polygonalem Grundriss erhebt. Dank seiner Schlankheit und seiner kalibrierten Setzung an der seitlichen Grenze des Grundstücks blieb der Blick vom Dorf zur Landschaft unverstellt. Dabei wirkt das Haus alles andere als an den Rand gedrängt. Selbstbewusst erhebt es sich über dem abschüssigen Boden, einer kristallinen Grossplastik gleich, die sich mal turmartig aufstrebend, mal massig breit präsentiert. Die Räume im Innern sind um eine halbe Geschosshöhe gegeneinander versetzt und mit Treppen verbunden, so dass eine vertikale Raumspirale entsteht; damit werden trotz der geringen Abmessungen der Zimmer grosszügige räumliche Verhältnisse erzeugt.

Um die Kosten klein zu halten, wurde das Haus als ein in Elementen vorfabrizierter Holzrahmenbau mit bereits fertig montierten Dachflächenfenstern konstruiert. Eine schlichte, aufrecht gestellte Bretterschalung verdeckt die Konstruktion. Die graue Lasur unterminiert den hölzernen Charakter der Fassade. So scheint das Volumen weniger gefügt und gezimmert als vielmehr gegossen zu sein. Die monolithische Wirkung des Baukörpers wird durch seine kompakte Geschlossenheit verstärkt – spärlich sind die fassadenbündig eingelassenen Fenster und dazu noch unregelmässig verteilt, dem Dach fehlt der gewohnte Überstand. Das vertraute Bild eines mittelalterlichen Wohnturms stellt sich ein. Auf subtile Weise wird das Haus so über den Ort hinaus in der Region verankert.

Text Ludmila Seifert, Chur
Literatur Bearth & Deplazes. Konstrukte/Constructs, hrsg. von Heinz Wirz, Luzern 2005, S. 126; [s.n.]: Wohnhaus Willimann-Lötscher, in: Werk, Bauen + Wohnen 3/1999 (Neues Wohnen II: Individualisierung und Spezialisierung), S. 30–33; Räumlinge. Valentin Bearth & Andrea Deplazes, hrsg. von Heinz Wirz (Texte von Ákos Moravánsky), Luzern 1999, S. 44–53.