28 — Kreisschule «Witiwäg», Churwalden

  • Die neu hinzugefügten Volumen der Kreisschule sind klassisch in Proportion und Gliederung zumindest, was die Kubatur und die Frontfassaden betrifft. An den eigenwilliger gestalteten Seitenfassaden der zwei Klassentrakte lassen sich die doppelgeschossigen Schulzimmer ablesen (© Ralph Feiner, Malans).

  • Die Turnhalle erweckt den Eindruck einer Basilika, gleichzeitig lässt der durch die Obergaden-Fenster sichtbare Fachwerkträger an eine Fabrikhalle denken. Sachlich ist sie als lichtoptimiertes Volumen zu lesen (© Ralph Feiner, Malans).

  • Rötlich-graubrauner Zementstein prägt die Fassaden (© Ralph Feiner, Malans).

  • Blick ins Innere der Turnhalle. Die unüblicherweise längs (statt quer) gespannten Fachwerkträger unterstützen die räumliche Wirkung (© Ralph Feiner, Malans).

  • Grosszügige und klar umrissene Anlage, Ansicht von Süden (© Archithese 1984/Heft 2, S. 51).

  • Technisch sinnvolles Ornament: An den Portiken nimmt ein Stahlbetonsturz den Seitenschub des darüberliegenden Zementsteinbogens auf und ermöglicht es, die Stützen schlank zu halten (© Archithese 1984/Heft 2, S. 52).

  • In den neuen Klassentrakten erschliesst ein Gang die hangabwärts angegliederten, doppelgeschossigen Werkraum-Klassenzimmer-Kombinationen; Blick auf die Reihe der Gruppenarbeitsräume, von denen man jeweils ins höher gelegene Klassenzimmer gelangt (© Archithese 1984/Heft 2, S. 54).

Bauaufgabe Schulhaus Adresse Witiwäg 17, 7075 Churwalden Bauherrschaft Kreisschulverband Churwalden/Malix/Parpan Planer Atelier Peter Zumthor Bauzeit 1979–1983

Die Erweiterung der Kreisschule in Churwalden war der erste Wettbewerbserfolg Peter Zumthors (*1943) und sein erstes grösseres Projekt. Im Anschluss an die Nachkriegsmoderne kündigte sich hier eine neue Architekturära an. In der geometrischen Strenge der Anlage und der klassisch-rationalen Architektur zeigt sich der Einfluss der «Tessiner Tendenza». Gleichwohl ist die eminent städtebaulich inspirierte und pädagogisch engagierte Intervention ein eigenständiges Werk, das von Zumthors früher Könnerschaft zeugt, feinfühlig auf eine bestehende Situation zu reagieren und gängige Typologien sinnvoll zu modifizieren.

Die Aufgabe war, das alte Schulhaus von 1959, das aus einem 65 m langen, in Hangrichtung gelegten Hauptbau und einem hangparallelen Nebenbau bestand, mit einem beachtlichen Raumprogramm zu ergänzen. Statt dem T-förmigen Gebilde einen kompakten Solitär hinzuzufügen, setzte Zumthor auf eine pavillonartige Aufteilung der Baumasse, um alt und neu zu einem in sich geschlossenen vielfältigen Ganzen zu formen, das im unbestimmten Dorfgefüge von Churwalden einen einprägsamen öffentlichen Ort schafft. So wurde die bestehende Anlage zum Ausgangspunkt einer sich den Hang hinaufziehenden Gebäudestaffel; sie kulminiert im grossen Volumen der Turnhalle, die das Bild einer frühchristlichen Basilika evoziert. Jedes Gebäude bezieht sich mit einem Portikus auf einen ihm vorgelagerten Platz. Die abgetreppte Folge von Bauten und Platzterrassen zeichnet die Neigung des grossen Schuttkegels des Wititobels nach, auf dem das Schulhaus steht – und stellt den Bezug her zum nahen Bach mit seinem kaskadenartigen Bett. Die neuen Schultrakte nutzen das Gefälle für eine pädagogisch innovative Behausung der Klasseneinheiten: Jede Klasse verfügt über ein eigenes kleines «Heim» von zwei Geschossen. Es umfasst einen galerieartigen Schulraum unter dem Dach mit zugehörigem Aussenhof und Garten, sowie einen Gruppenraum ein Stockwerk tiefer, der mit einer verglasten Front an den durchlaufenden Korridor anschliesst – ein offenes und räumlich grosszügiges Konzept, das die Trennung von Werk- und Schulräumen hinterfragt.

Text Ludmila Seifert, Chur
Literatur Palle Petersen: Zumthor vor Zumthor, Wahlfacharbeit am gta der ETHZ, 2013 (Typoskript), S. 76–83; Schweizer Architekturführer 1920–1990, Bd. 1 (Nordost- und Zentralschweiz), Zürich 1992, Nr. 310, S. 77; Peter Disch: Architektur in der Deutschen Schweiz 1980–1990. Ein Katalog und Architekturführer, Lugano 1991 (2. Aufl.), S. 264; Schulhauserweiterung in Churwalden, in: Schweizer Ingenieur und Architekt 6/1980, S. 98–100; Otti Gmür: Schulhauserweiterung in Churwalden GR, in: Archithese 1984/Heft 2, S. 50–57.