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Die einzelnen Pavillons werden mit gedeckten Laubengängen verbunden. Deren filigrane Stahlstützen unterstreichen zusammen mit den hofbildenden Lamellenwänden die luftige Leichtigkeit der Anlage (© Ralph Feiner, Malans).
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Flugaufnahme 1970. Als «Schuldörfchen» wurde die angrenzend an eine Einfamilienhaussiedlung der Vierzigerjahre entstandene Pavillonschule bei ihrer Eröffnung charakterisiert (© ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Stiftung Luftbild Schweiz / Fotograf: Werner Friedli).
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Die Anlage bietet ein räumlich abwechslungsreiches Gesamtbild (© Alberto Flammer, in: Th. und Th. Domenig. Die Stadt. Die Architekten. Die Bauten, Chur 1995, S. 181).
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In den Spielhöfen zwischen den Pavillons setzen als Skulpturen ausgebildete Brunnen gezielte Akzente (© Alberto Flammer, in: Th. und Th. Domenig. Die Stadt. Die Architekten. Die Bauten, Chur 1995, S. 181).
Das im Pavillonsystem errichtete «Herold» in Chur ist das architektonisch interessanteste Schulhaus der Fünfzigerjahre in Graubünden. Bei seiner Eröffnung 1959 wurde es von den regionalen Medien als eine «moderner Architektur gehorchende, kühne Schulhausanlage» apostrophiert. Das Bauwerk markiert den Einstieg des frisch gebackenen ETH-Absolventen Thomas Domenig jun. (*1933) ins väterliche Architekturbüro, das unter seiner Ägide zu Churs dominierendem Bauimperium avancierte (Objekt 20).
Nach dem Zweiten Weltkrieg war in der Schweiz intensiv über eine Modernisierung des Schulbaus debattiert worden; dies im Rahmen einer pädagogischen Reform, welche die Bedürfnisse der Kinder in den Fokus stellte. Zahlreiche Publikationen nahmen sich des Themas an. 1953 fand im Zürcher Kunstgewerbemuseum die Ausstellung «Das neue Schulhaus» statt, die innovative Beispiele aus Skandinavien, England und den USA als Vorbilder heranzog. Für die Unterstufe wurde die in verschiedene überschaubare Einheiten aufgegliederte «Pavillonschule» propagiert, da sie Rücksicht auf den kindlichen Massstab nimmt und eine intime, familiäre Atmosphäre schafft. Dieses Konzept hat Domenig in der Primarschule Herold gemäss den Forderungen der Zeit geradezu idealtypisch umgesetzt. Die ursprüngliche Anlage bestand aus sechs einstöckigen Klassenpavillons mit je zwei, bzw. drei zweiseitig belichteten Unterrichtsräumen, einem zweigeschossigen Trakt mit Aula, Abwartswohnung und Kinderhort sowie einer Turnhalle. Die schlichten, mit Ausnahme der Turnhalle streng nach Südosten orientierten Gebäude sind in lockerer Anordnung in ein geometrisches Raster eingeschrieben und mittels offener, gedeckter Verbindungsgänge zu einem räumlich abwechslungsreichen Gesamtkomplex mit grosszügigen Pausenhöfen zusammengefügt. Asymmetrische Schmetterlingsdächer geben den Häuschen das Gepräge von Zelten. Die grossflächigen Verglasungen, die hofbildenden Lamellenwände und die zierlichen Stahlstützen der Laubengänge tragen mit zur luftig-leichten Wirkung der Architektur bei, die ihrerseits den Anspruch an eine repressionsfreie Pädagogik unterstreicht.
Text Ludmila Seifert, Chur
Literatur Leza Dosch: Nachkriegsmoderne in Chur (Architekturrundgänge in Graubünden), hrsg. vom Bündner Heimatschutz, Chur 2013, Nr. 5; Neue Bündner Zeitung, 1.9.1959; Das neue Schulhaus (Wegleitung 199 des Kunstgewerbemuseums der Stadt Zürich), Zürich 1953.