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Das begehbare Kleinod ist ein Fremdling in der Alpenwelt, ein Beispiel italienisch inspirierter Designarchitektur (© Ralph Feiner, Malans).
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Den quadratischen Hauptraum charakterisieren acht kreisförmig angeordnete Säulen, auf denen der kegelförmige Lichtfänger ruht (© Ralph Feiner, Malans).
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Die Kapelle im Bau; sie ist tatsächlich «vom Himmel gefallen», wenn auch in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt und per Helikopter transportiert (© Fausto Tognola: Per l’inaugurazione della Chiesa Madonna di Fatima Giova, Giova 1988).
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Frontalansicht: Spiegelsymmetrie als Organisationsprinzip (© Fausto Tognola: Per l’inaugurazione della Chiesa Madonna di Fatima Giova, Giova 1988).
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Die Kapelle steht da wie das verkleinerte Modell einer grossen Kirche; weiss, spielerisch komponiert, ein Gegensatz zur Natur (© Fausto Tognola: Per l’inaugurazione della Chiesa Madonna di Fatima Giova, Giova 1988).
Bauaufgabe Sakralbau Adresse Giova, 6542 Buseno Bauherrschaft Fondazione Ecclesiastica Cappella della Madonna di Fatima Planer Mario Campi, Franco Pessina Bauzeit 1986–1988
Durchgestylt wie ein Designobjekt, zeichenhaft auf Bildwirkung komponiert – kein anderes Bündner Bauwerk gibt sich so unverhohlen postmodern wie die 1988 fertiggestellte Kapelle des Weilers Giova hoch über dem Eingang zum Calancatal. Sie erinnert an die originellen Mikroarchitekturen der «Tea & Coffee Piazza»-Serie, die der italienische Haushaltwarenhersteller Alessi seinerzeit von prominenten Architekten wie etwa Aldo Rossi (1931–1997) gestalten liess. Entworfen wurde der unkonventionelle Kirchenbau von Mario Campi (1936–2011) und Franco Pessina (*1933), wichtigen Vertretern der Tessiner «Tendenza», die mit strengen Symmetrien unter Verwendung geometrischer Grundkörper und abstrahierter Zitate klassi(zisti)scher Architektur expressive Kompositionen schufen.
Von der historischen Siedlung isoliert am Rande einer kleinen ebenen Fläche platziert, hat die Kapelle keinen anderen Referenzpunkt als die wilde Gebirgslandschaft um sich herum. Dem Organischen der Natur begegnet sie mit forcierter Künstlichkeit: rational fassbar, elaboriert, scharfkantig-geschliffen und strahlend weiss – wie aus einer anderen Welt in die alpine Szenerie versetzt. Aus der bewussten Distanznahme zum naturalistischen Spektakel der Umgebung nährt die Architektur ihre Ausdruckskraft und behauptet ihre Eigenständigkeit.
Die Kirche erhebt sich über einem rötlich gefärbtem Betonsockel als einheitlich verputzter Quader, der durch signifikante Aufbauten seine funktionale Dreiteilung markiert. Ein Portikus in Gestalt einer Giebelwand mit prägnant akzentuierten Treppenaufgängen bezeichnet den Eingang und bestimmt die Richtung des Baus. Die imposante «Kuppel» in Form eines Kegelstumpfes verweist auf den quadratischen Hauptraum, dem sie als Lichtfänger dient; im Innern wird sie gestützt von einem Säulenrund, welches das Zentrum des Kirchenschiffs betont. Als Lichtschacht fungiert auch der kastenförmige Glockenträger, der den winzigen Altarraum im Westen lokalisiert. In seiner Gesamtform wirkt der Bau wie ein ummantelter Leuchtturm – ein Gehweg am Fusse des konischen Turms untermauert diese Konnotation.