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Eigenwillig erscheint der dynamische Aufriss der Gartenfassade mit dem die Asymmetrie betonenden Pultdach (© Ralph Feiner, Malans).
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Die hangaufwärts gerichtete Ostfassade ist die abstrakteste Front – ein Quadrat mit zwei scharf ausgeschnittenen Fenstern (Frauenkulturarchiv Graubünden, Werkarchiv Monica Brügger Nr. 200).
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Unten die Garage – eine Hinweis auf die gestiegene Bedeutung des Automobils und der individuellen Mobilität (Frauenkulturarchiv Graubünden, Werkarchiv Monica Brügger Nr. 200).
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Kurz nach Fertigstellung im Winter 1960 (Frauenkulturarchiv Graubünden, Werkarchiv Monica Brügger Nr. 200).
Ein eigenes Haus im Grünen war in den Jahren der Hochkonjunktur für viele das Wohnideal schlechthin. Mit dem zunehmenden Wohlstand konnten sich immer mehr Leute den «Traum vom Einfamilienhaus» verwirklichen; in den 1960er-Jahren erreichte dieser Eigenheim-Boom einen Höhepunkt. Das Haus Brügger, das 1959/60 an privilegierter Lage im damals noch wenig überbauten Sonnenhang nordöstlich der Churer Altstadt errichtet wurde, ist das «Gesellenstück» von Monica Brügger (*1932), der ersten ETH-Architektin Graubündens, die drei Jahrzehnte lang das Bündner Architekturgeschehen mit zu prägen vermochte. Mit den Eltern als Bauherren konnte Brügger ihr Erstlingswerk den eigenen Vorstellungen entsprechend formen – und sich als entschiedene Vertreterin einer modernistischen Architekturauffassung empfehlen.
Das Haus besetzt den nördlichen Rand einer fünfeckigen Parzelle und ist in einer eindeutigen Geste nach Süden orientiert. Das dem scharfkantigen Volumen ohne Überstand aufgesetzte Pultdach steigt zum Berg hin an und thematisiert die Hanglage des Grundstücks, das für den Bau des Hauses ausgeebnet worden ist. Eigenwillig erscheint der dynamische Aufriss der zum Garten gerichteten Hauptfront, deren strikte Zweiteilung die Asymmetrie des Baukörpers akzentuiert. Die rechte Fassadenhälfte ist nach innen zurückversetzt zur Schaffung eines gedeckten Sitzplatzes bzw. Balkons – mit ihrer Holzverschalung, die mit den glatt verputzen weissen Flächen des übrigen Gebäudes kontrastiert, vermittelt sie den Eindruck eines nach aussen offenen Innenraums. Die linke Haushälfte, die den Ess- und Wohnbereich sowie eine Küche enthält, gibt durch grosszügige Fensterfronten den Blick in die Berglandschaft frei. Dominant tritt hier der mit Quarzit-Steinen ummantelte Kamin hervor, der turmartig aus dem Boden wächst und weit über das Dach hinausragt. Das Cheminée ist auch im Innern in Naturstein ausgebildet. Die Betonung der Feuerstelle und ihre rustikale Ausformung zeugt vom Einfluss des amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright (1867–1959) auf die damalige junge Architektengeneration.
Text Ludmila Seifert, Chur
Literatur Leza Dosch: Nachkriegsmoderne in Chur (Architekturrundgänge in Graubünden), hrsg. vom Bündner Heimatschutz, Chur 2013, Nr. 7; Carmelia Maissen: Bauen für die Gemeinschaft. Über das Churer Schulhaus Otto Barblan von Monica Brügger, in: Bündner Jahrbuch, 51 (2009), S. 133–142.