42 — Comanderkirche, Chur

  • Die Kirche ist als Einheitsraum in Gestalt eines Rechtecks mit polygonalem Abschluss und flacher Giebeldecke konzipiert. Die Liturgiezone wird durch raumhohe Fensterraster aus Beton gerahmt, deren blau gefärbte Scheiben die Stimmung im Innern prägen (© Ralph Feiner, Malans).

  • Die verputzten Fassaden der Kirche sind durch (ebenfalls verputzte) Pilaster rhythmisiert und durch die Gitterformen der Betonfenster akzentuiert (© Ralph Feiner, Malans).

  • Luftaufnahme, Oktober 1957. Als kirchliches Wahrzeichen markiert der Bau (am linken Bildrand) seine Präsenz im aufstrebenden Aussenquartier (© ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Werner Friedli).

  • Aufnahme von 1958. Die Kirche steht an der Kreuzung Sennenstein-/Ringstrasse; letztere ist das städtebauliche Rückgrat des Rheinquartiers (© Stadtarchiv Chur, F 14.002 ).

  • Aufnahme von 1958. Das sehr grosse Grundstück machte es möglich, die Kirche von den lärmigen Strassen zurückzunehmen und sie frei in die Gartenanlage zu platzieren (© Stadtarchiv Chur, F 14.002; Foto Gross, St. Gallen ).

Bauaufgabe Sakralbau Adresse Sennensteinstrasse 30, 7000 Chur Bauherrschaft Evangelische Kirchgemeinde Chur Planer Cyrill A. von Planta Bauzeit 1956/57

Ausgelöst durch den markanten Bevölkerungsanstieg und den Zuwachs der städtischen Agglomerationen wurden in den Fünfziger- und Sechzigerjahren schweizweit viele neue – vorab katholische – Kirchen gebaut. Der Sakralbau war denn auch ein wichtiges Thema im baukulturellen Diskurs der Zeit. Mit der Markuskirche in Zürich-Seebach hatte Albert H. Steiner (1905–1996) 1948 «eine echt reformierte Kirche» geschaffen, wie die Zeitschrift Werk 1952 konstatierte: eine Hallenkirche in Form eines gestreckten Oktogons ohne die herkömmliche Trennung von Schiff und Chor. Dieses Bauwerk stand auch beim Bau der – weitaus unprätentiöseren – Comanderkirche Pate, die 1956/57 im aufstrebenden Churer Rheinquartier entstand. Der von Cyrill A. von Planta (1906–2000) entworfene Komplex ist eines der markantesten Beispiele einer Bündner Architektur der Fünfzigerjahre, die eine konservative Spielart der Moderne repräsentiert.

Die Kirche wurde, vom Verkehr abgerückt, mitten auf eine grosse Parzelle im Winkel zweier Strassen platziert; so erhielt sie, wie viele öffentliche Bauten der Nachkriegszeit, den Charakter eines Gebäudes im Park. Der zur Strassenkreuzung vorgeschobene Glockenturm lenkt den Blick auf die Anlage und stellt durch einen Laubengang die Verbindung mit der Kirche her. Mit seinen gestrichenen Betonfassaden unterscheidet sich der freistehende Turm vom Hauptgebäude, das in konventioneller Art als gemauerter Putzbau ausgeführt ist; die farblich hervorgehobenen betonierten Gitterfenster verleihen ihm dennoch einen zeitgenössischen Touch.

Bei der Gestaltung des Innenraums lag der Akzent auf dem Zusammenfassen der Gemeinde und deren nahen Beziehung zur Kanzel und dem Abendmahlstisch als den Zentren der liturgischen Handlung. Dazu dienen die Verschleifung von Langhaus und Chor, die konzentrische Gruppierung der Kirchenbänke und die Verschmelzung der Empore mit dem Schiff durch seitliche Aufgänge, die wie zwei Arme in den Raum greifen. Durch die blauen und roten Scheiben der markanten Fenster fällt ein gedämpftes Licht, das die ruhige Stimmung des sachlich-schlichten Predigtsaals unterstützt.

Text Ludmila Seifert, Chur
Literatur Leza Dosch: Nachkriegsmoderne in Chur (Architekturrundgänge in Graubünden), hrsg. vom Bündner Heimatschutz, Chur 2013, Nr. 4; Das Werk 39 (1952), Heft 2: Protestantischer Kirchenbau; Neue Bündner Zeitung, 1.11.1957.