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Die beiden Nullenergiehäuser sind Unikate für eine bestimmte Strategie, solare Gewinne zu optimieren. Die neue Energietechnik ist hier nicht aufgesetzt sondern bestimmt Form und Ausdruck des Gebäudes (© Ralph Feiner, Malans).
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Der Rohbau aus Sichtbeton dient als Massenspeicher; wie ein riesiger Kachelofen geben die Betonwände im Winter die gespeicherte Energie als angenehme Strahlungswärme in die Innenräume ab (© Ralph Feiner, Malans).
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Die lichtdurchlässige Isolation (TWD) prägt die Stimmung im Innern des Gebäudes, ohne dass der Eindruck entsteht, in einer Maschine zu wohnen (© Ralph Feiner, Malans).
Nach dem Erdölschock von 1973, der die Wachstumseuphorie der Nachkriegszeit empfindlich dämpft, kommt die ökologische Bewegung in Fahrt – und mit ihr der Ruf nach einer umweltbewussteren Architektur. In der Entwicklung energieeffizienter Bauweisen nimmt das solare Bauen eine zentrale Stellung ein. Das Experimentieren mit dem Einsatz erneuerbarer Energien als Alternative zu den klimaschädigenden fossilen Brennstoffen selbst bei so wenig nachhaltigen Bauaufgaben wie dem Einfamilienhaus erscheint nicht ohne Widerspruch. Vielleicht lässt er sich auflösen mit dem Argument, dass hier im Kleinen erprobt wird, was im Grossen Wirkung zeigen soll.
Auf dem Gebiet der Solararchitektur hat sich Dietrich Schwarz (*1964) einen Namen gemacht – weil er das Ausreizen der jeweils neusten Technologie mit einem gestalterischen Anspruch kombinierte. 1995/96 entstand in Domat/Ems sein Erstlingswerk, das Solarhaus I, das tatsächlich aus zwei Nullenergiehäusern besteht. Im Detail voneinander abweichend sind die beiden Wohngebäude identisch hinsichtlich ihres konstruktiv-technischen Prinzips. Parallel hintereinander gestaffelt erheben sie sich über längsrechteckigem Grundriss als hohe Baukörper von schlanker Eleganz. Mit ihren Satteldächern knüpfen sie an traditionelle Vorstellungen von Wohnbauten an und vermitteln doch ein ganz neues Bild. Alles ist hier durch die Energiegewinnung bestimmt: die Schräge des Dachs und seine Asymmetrie, die der optimalen Ausrichtung der südseitig angebrachten Solarpanels dient; und die Gebäudehülle, die aus einer transparenten Wärmedämmung (TWD) besteht, welche die Bauten als Glashäuser erscheinen lässt. Im Osten, Süden und Westen wandeln die lichtdurchlässigen Kollektoren das direkte Sonnenlicht in Wärme um; diese wird von der innenliegenden Betonwand gespeichert und als sinnliche Strahlungswärme in den Innenraum abgegeben. Im Norden wurde wegen des geringen Energieeintrags auf den Speicher verzichtet; hier wandelt sich die Fassade zur transluziden Lichtwand, die tagsüber irisierend schimmert, nachts hingegen wie eine magische Laterne nach aussen scheint.
Text Ludmila Seifert, Chur
Literatur https://www.schwarz-architekten.com/project/solarhaus-i/; Köbi Gantenbein, Jann Lienhart, Cordula Seger: Bauen in Graubünden. Ein Führer zur Gegenwartsarchitektur, Zürich 1999 (2., erw. Aufl.), S. 60/61.