52 — Therme Vals, Vals

  • Ein Bad jenseits gängiger Vorbilder: Das von geheimnisvoller Lichtmagie geprägte Felsenbad wartet bei aller archaischen Kargheit mit einer Vielfalt suggestiver Räume auf (© Ralph Feiner, Malans).

  • Das Gebäude als Ganzes wirkt wie ein grosser, poröser Stein. Talseits, wo es aus der Hangkante ragt, wird die angeschnittene Kavernenstruktur zur Fassade (© Ralph Feiner, Malans).

  • Eine Landschaft aus Felsenwänden: Die Streifen aus dem vor Ort gebrochenen Quarzitstein umhüllen die massigen Blöcke wie eine «lebendige» Haut (© Ralph Feiner, Malans).

Bauaufgabe Thermalbad Adresse Poststrasse 560E, 7132 Vals Bauherrschaft Hotel und Thermalbad Vals AG Planer Atelier Peter Zumthor Bauzeit 1990–1996

Schon während des Baus war sie berühmt, zwei Jahre nach ihrer Eröffnung wurde sie – in Anerkennung ihres epochalen Rangs – unter Denkmalschutz gestellt: Peter Zumthors (*1943) Felsentherme von Vals, die das beschauliche Bergdorf zuhinterst im abgelegenen Valsertal auf die Landkarte der Weltarchitektur setzte. Kein buntes Vergnügungsbad, sondern ein sublimer Tempel der Badekultur, der ganz auf das sinnliche Erleben von Wasser, Stein, Licht und Schatten setzt und die Besuchenden in kontemplativer Stimmung zu sich selbst finden lässt.

Leitgedanke des Entwurfs war das «Aushöhlen» aus dem Felsen, in dem auch die warme Thermalquelle entspringt. Eingebettet zwischen hohen Tannen und umgeben von Hotel und Apartmenthäusern der Sechzigerjahre ist Zumthors Therme als eigenständiges Bauwerk in den Hang gebaut. Man erreicht sie über einen dunklen Stollen vom nebenstehenden, älteren Hotel her – der geschickt inszenierte Zugang untermauert den Eindruck, ins Erdinnere vorzudringen. Was einen dort erwartet, ist kein konventionelles Hallenbad, sondern eine Art geometrisches Höhlensystem, in dem der Innenraum zwischen einer Vielzahl unterschiedlich grosser, in wohl abgewogener rechtwinkliger Ordnung zueinander stehender Steinblöcke mäandriert. Die 5 m hohen Quader sind aus schmalen, sich im stets gleichen Takt wiederholenden Streifen aus dem vor Ort gebrochenen Gneis aufgeschichtet, was ihren monolithischen Anschein verstärkt. Ihrerseits ausgehöhlt, halten sie besondere Erfahrungen mit dem Wasser bereit. Die körperhaften Pfeiler tragen schwere, überhängende Platten aus Beton: einzelne Dachstücke, durch schmale Zwischenräume voneinander getrennt; so von einem Lichtkranz umgeben, scheinen sie im Leeren zu schweben und verstärken die mystische Atmosphäre des Raums. Talseitig dringt der Aussenraum durch grosse Öffnungen in das Gebäude ein; wie ein monumentales Gemälde lässt sich hier die gegenüberliegende Berglandschaft betrachten. Die suggestive Hell-Dunkel-Regie des Architekten zwingt zu einer behutsam-tastenden Aneignung des Baus; einer Verlangsamung der Bewegung, welche die Wahrnehmung schärft.

Text Ludmila Seifert, Chur
Literatur Peter Zumthor Häuser 1979–1997, Baden 1998, S. 143–199; Peter Zumthor: Therme Vals, mit Texten von Peter Zumthor und Sigrid Hauser, Zürich 2007; Gute Bauten in Graubünden 2001, hrsg. vom Bündner Heimatschutz und der Bündner Vereinigung für Raumplanung (Sonderheft BVR-Informationen 2/01), Chur 2001; Christof Kübler: Therme Vals: zurück in die Steinzeit?, in: Kunst + Architektur in der Schweiz 49 (1998), Heft 1: Thermen, S. 53–59; Benedikt Loderer: Körper, Raum und Licht, in: Hochparterre 10 (1997), Heft 1–2, S. 18–23.