03 — Gewerbliche Berufsschule, Chur

  • Zentrale Halle mit monumentaler Treppe; um diesen quadratischen Kern gruppieren sich die Schulräume (© Ralph Feiner, Malans).

  • Pausenplatz und Haupteingang, Ansicht von Nordosten (© Ralph Feiner, Malans).

  • Historische Ansicht von Westen (© Reto Reinhardt, StAGR XXI d D 75).

  • Historische Aufnahme der zentralen Halle mit den Treppenläufen (© Reto Reinhardt StAGR XXI d D 75).

  • Blick von der Treppenhalle in die Aufenthaltsräume des Hauptbaus, historische Aufnahme (Reto Reinhardt, StAGR XXI d D 75).

  • Blick in ein Schulzimer, historische Aufnahme (© Reto Reinhardt, StAGR XXI d D 75).

Bauaufgabe Schulhaus Adresse Scalettastrasse 33, 7000 Chur Bauherrschaft Stadt Chur Planer Andres Liesch Bauzeit 1967–1969

Andres Liesch (1927–1990) gehört zu jener Generation von Architekten, die dem wirtschaftlichen Aufschwung der Nachkriegszeit in Graubünden mit ambitionierten Bauten im Geiste der klassischen Moderne ein architektonisches Gesicht gaben (Objekt 40). Im umfangreichen Oeuvre Lieschs, der von Zürich aus (mit einer Churer Filiale) im Bergkanton eine zeitgemässe Infrastruktur mit aufzubauen half, spielen Bildungsinstitutionen eine Hauptrolle. Fast 40 Schulhäuser konnte Liesch im Laufe seiner Karriere errichten, die meisten davon in seiner Bündner Heimat. Das aus einem Projektwettbewerb hervorgegangene Gewerbeschulhaus in Chur gehört zu den frühen und gleichsam wichtigsten Grossgebäuden des Architekten.

Zu konzipieren war ein Gebäude für 2500 Schüler aller gewerblichen Lehrberufe. Über eine stark konzentrierte Anlage mit kompakter Volumetrie hielt Liesch die Baukosten gering, durch die differenzierte Gliederung und Staffelung der gewaltigen Baumasse milderte er den enormen Massstabssprung gegenüber der umliegenden Bebauung im bahnhofsnahen Wohnquartier.

Das Schulhaus hebt sich durch einen grosszügig verglasten Sockelbau vom Strassenniveau ab. Eine monumentale Freitreppe führt zum gestuften Eingangs- und Pausenhof, um den sich winkelförmig der viergeschossige Hauptbau mit den Büro- und Schulzimmern und der eingeschossige Nebenbau mit Aula und Kantine gruppieren. Der von der Schalung geprägte Sichtbeton bestimmt den Gesamteindruck des Baus, der das stark tektonische Denken des Entwerfers betont. Durch sichtbares Fügen und Schichten werden die charakteristischen Eigenschaften von Tragen und Lasten offenbart. Die Tragstruktur – ein Skelettbau in Eisenbeton – ist an den Pfeilern und Unterzügen innen wie aussen überall ablesbar und deutlich von den nichttragenden Elementen unterschieden: Die Platten aus vorfabriziertem Beton, die den Fassaden vorgehängt sind, finden ihre Entsprechung in den Wänden aus naturbelassenem Eichenholz, Glas und Sichtbackstein im Inneren des gewaltigen Baus.

Text Ludmila Seifert, Chur
Literatur Das neue Gewerbeschulhaus der Stadt Chur, in: Schweizerische Bauzeitung, 89 (1971), Heft 45, S. 1135–1139; Michael Hanak: Skulpturale Nachkriegsmoderne in Chur, in: Bündner Monatsblatt, 1/2013, S. 65–98; Leza Dosch: Nachkriegsmoderne in Chur (Architekturrundgänge in Graubünden), hrsg. vom Bündner Heimatschutz, Chur 2013, Nr. 14; Daniel Walser: «Substanz gewinnen […].» Andres Liesch (1927–1990), Architekt, in: Bündner Monatsblatt, 1/2019, S. 178–199.