25 — Handelsgärtnerei Urech, Chur

  • Der breitschultrige Bau ist an den Rand der Parzelle gerückt, was die Ausscheidung einer grossen kompakten Fläche für den Pflanzmarkt ermöglichte (© Ralph Feiner, Malans).

  • Den Hauseingang an der Rückseite des Hauses ziert das Einzelelement des von Olgiati so geliebten Korbbogens. Die Autogaragen werden als serielles Ornament von einem knappen Vor- und einem Flachdach begleitet (© Ralph Feiner, Malans).

  • Zur Heroldstrasse hin markieren zwei massige Säulen den Eingang zum Ladenlokal (© Ralph Feiner, Malans).

  • Die Handelsgärtnerei kurz nach ihrer Fertigstellung (Boga: Die Architektur von Rudolf Olgiati, S. 201).

Bauaufgabe Wohn- und Geschäftshaus Adresse Heroldstrasse 25, 7000 Chur Bauherrschaft Otto Urech Planer Rudolf Olgiati Bauzeit 1972/73

In Rudolf Olgiatis (1910–1995) singulärem Werk (Objekt 06) nimmt die Handelsgärtnerei Urech eine Sonderstellung ein. Sie gehört zu den seltenen grossvolumigen Bauwerken des Architekten, dessen Oeuvre vornehmlich Einfamilienhäuser – meist Zweitwohnsitze – umfasst. Das für einen Gärtnereiunternehmer errichtete Gebäude enthält neben zwei Studios drei Vier- und vier Dreizimmerwohnungen und integriert im Erdgeschoss zudem ein geräumiges Ladenlokal. Speziell ist beim Haus Urech auch seine Lage in einer städtischen Agglomeration, baute Olgiati doch vornehmlich im ländlichen Raum. Die Handelsgärtnerei steht in der Churer Rheinebene, wo kleinteilige Wohnsiedlungen und Einzelhäuser das Ortsbild prägen. Anders als in seinem Hauptarbeitsgebiet in und um Flims begegnete Olgiati hier keiner modulierten Bergsturzlandschaft, sondern einem flachen Grundstück ohne herausragende landschaftliche Qualität. Auf diese unbestimmte Situation reagierte er mit der grossen Geste eines monumentalen Giebelbaus, der, nicht zuletzt auch hinsichtlich seiner grandiosen Wirkung, an frühneuzeitliche Doppelhäuser im Engadin erinnert. Ohne Sockel unvermittelt aus dem Boden aufsteigend, treten die glatten, weiss gekalkten Fassaden als Mauerschalen über das Dach hinaus; sie veranschaulichen Olgiatis Vorstellung vom Haus als Einfriedung, die gegen eine als unwirtlich empfundene Aussenwelt ein geborgenes Inneres abgrenzt. Die Mauern sind mit frei gesetzten Fenstern individueller Grösse und Ausformung sowie tief eingeschnittenen Loggien plastisch durchformt, ohne dass die Einheit der Schale zerstört würde. Das optisch unterdrückte Dach wird durch die harten Kuben der Schornsteine akzentuiert. An der Rückseite markiert ein Korbbogen den Durchgang zum privaten Wohnbereich. Dahingegen betonen Säulen – in Olgiatis Verständnis «die optische Fixierung eines wichtigen Punktes» – den öffentlichen Bereich: Strassenseitig flankieren zwei massige Exemplare den Eingang des Ladenlokals, während an der breiten Ostfassade ein Portikus mit vier kräftigen Säulen und keckem Blechdach den Ausgang zum Pflanzenmarkt artikuliert.

Text Ludmila Seifert, Chur
Literatur Leza Dosch: Nachkriegsmoderne in Chur (Architekturrundgänge in Graubünden), hrsg. vom Bündner Heimatschutz, Chur 2013, Nr. 19; Ursula Riederer: Rudolf Olgiati. Bauen mit den Sinnen, Chur 2004, S. 146/147 und S. 260–205; Rudolf Olgiati, Architekt. Eine Streitschrift, Stuttgart 1994; Thomas Boga (Hrsg.): Die Architektur von Rudolf Olgiati. Zürich 1983 (3., erw. Aufl.), S. 200–205.