-
Ein gepflästerter Weg führt der «Mauer» des Wohnheims entlang zum Schultrakt hinunter. Er folgt der Hangtopografie und nimmt die Linienführung der ursprünglichen Rüfe auf (© Ralph Feiner, Malans).
-
Der viergeschossige Klassentrakt erhielt 1994 von Robert Obrist selbst eine Erweiterung in Form eines erhöhten Kopfteils von neun Achsen, der sich in Kubus und Formensprache dem ursprünglichen Gesamtensemble einpasst und nur im Innern die Zeitdifferenz erkennen lässt (© Ralph Feiner, Malans).
-
Südfassade des Wohntraktes (© Ralph Feiner, Malans).
-
Korridor im Schulhaustrakt: Auch im Innern setzte Robert Obrist auf «Materialechtheit» (© Ralph Feiner, Malans).
-
Gekonnte städtebauliche Setzung als grosse Geste in der «Landschaft». Alle Flachdächer liegen auf der gleichen Höhe und beruhigen so die bewegte Hangsituation (in: Werk, Bauen + Wohnen 71 (1984) Heft 3, S. 9).
-
Der Klassentrakt vor seiner Erweiterung (in: Churer Stadtgeschichte, Bd. 2, Chur 1993, S. 267).
Bauaufgabe Schulhaus Adresse Scalärastrasse 13–17, 7000 Chur Bauherrschaft Kanton Graubünden Planer Robert Obrist Bauzeit 1981–1983, Erweiterung 1994
Anfang der Achtzigerjahre erbaut, ist die Bündner Frauenschule ein Nachzügler der grossen Schulhausbauten, die in den Sechzigerjahren in der Kantonshauptstadt entstanden sind (Bündner Kantonsschule, Objekt 3 und Objekt 40). Anders als diese liegt sie nicht im nahen Umkreis der Churer Altstadt, sondern peripher am sanft geneigten Westhang, dort, wo die Stadt aufs Land drängt und keine bauliche Gesamtstruktur aufweist. «Rüfen» bildeten hier ursprünglich die prägende Landschaftsformation, später umgrenzten hohe Flurmauern das landwirtschaftlich genutzte Land. An diesen topografischen Besonderheiten hat sich Robert Obrist (1937–2018) orientiert, als er den umfangreichen Schulkomplex ins abfallende Gelände einzupassen suchte.
Fächerförmig breitet sich die in zwei differenziert gegliederte Hauptvolumen aufgeteilte Anlage zum Tal hin aus, in der Mitte «gehalten» von einem gepflästerten Weg. An dieser Gasse liegen die grossen Baukuben wie nach vorne geschobenes und seitlich abgelagertes Geschiebe: die linear angeordneten, durch Gänge miteinander verbundenen und gleichsam aus dem Hang herauswachsenden Flachdachbauten des Wohnheims, im spitzen Winkel dazu der mächtige Riegel des viergeschossigen Schultraktes mit bergseits angeschlossener Aula und talseitig vorgelagerter Turnhalle. Die dem Hangverlauf folgende Erschliessung endet dort, wo sich die beiden Bauteile begegnen und an einem kleinen Platz Eingangssituationen ausbilden, welche die scharf geschnittene Geometrie durchbrechen. Gasse und Platzerweiterung geben dem Gebäudeensemble die Anmutung eines kleinen, autarken und urbanen Ortes.
Die aus einem Wettbewerbserfolg von 1977 resultierende Frauenschule, die heute Pädagogische Hochschule heisst, ist ein Werk des Übergangs: Ihre Kubatur, die «ehrliche» Zurschaustellung der Konstruktion und der schalungsrohe Sichtbeton repräsentieren die Nachkriegsmoderne, wohingegen die rationalistische Formensprache, die Logik der einzelnen Teile und der Einsatz städtischer Merkmale wie Gasse und Platz den Einfluss Aldo Rossis (1931–1997) verraten.